Erhöhte Radioaktivität in Gebäuden im Nahbereich der Bahn

In der gesamten Region Frankfurt – Bad Vilbel –Friedberg gibt es natürliche Uran- und Radiumvorkommen, deren radioaktiver Zerfall zu einer kontinuierlichen Entstehung radioaktiver und teilweise chemisch ungebundener Isotope im Boden führt. Bereits in 1 Meter Tiefe ist eine mittlere Bodenluft-Radioaktivität von mind. 40.000 Bq/m³ (Becquerel pro Kubikmeter) zu erwarten (Quelle: Radonkarte, BfS Bundesamt für Strahlenschutz).

Die Freisetzung insbesondere von Radon und seiner Zerfallsprodukte durch Erschütterungen, zum Beispiel bei Zugdurchfahrten, ist allgemein bekannt. Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages führen dazu aus (WD 8 – 3000 – 021/18) S. 12):

Stärkere Erschütterungen können eine Mobilisierung und schlussendlich auch erhöhte Konzentration von Radon und stärkere Austritte an die Geländeoberfläche und in Gebäuden verursachen.“

Eine von der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) veröffentlichte Studie („The influence of mechanical vibrations of railway and car traffics on the radon exhalation using track detector technique“ B.M.Moharram, Physics and Engineering Mathematics Department, Universität Tanta, Ägypten) zeigt, dass im Nahbereich u.a. von Eisenbahnstrecken ein Anstieg der Radon-Freisetzung im Vergleich zur natürlichen, ungestörten Freisetzung zu erwarten ist.

Aus dieser Studie geht hervor, dass direkte Anwohner im Nahbereich einer Eisenbahnstrecke am stärksten von der Freisetzung radioaktiver Isotope betroffen sind.

Bei sondierenden Messungen durch BAhNANE an der Main-Weser-Bahn in Karben und Frankfurt wurde ein erhöhtes Aufkommen der radioaktiven Isotope Blei214 und Wismut214beide Zerfallsprodukte des Radons – im Hausstaub von Gebäuden festgestgestellt. Die mittlere Raumluft-Radioaktivität durch Radon in den gemessenen Gebäuden lag zwischen 50 und 450 Bq/m³. Zum Vergleich: Die freie Atmosphäre hat eine natürliche Radioaktivitiät von etwa 9 Bq/m³.


Bei Messungen von Bodengas-Radioaktivität im unmittelbarer Gleisnähe (in 12 Meter Abstand) konnten starke und kurzzeitige Schwankungen festgelegt werden, die in der Frequenz etwa den Zugdurchfahrten entsprechen.

Da Radon222 sowie seine Zerfallsprodukte nach Aussagen des Bundesamts für Strahlenschutz

über die Atemwege in die Lunge gelangen und dort u.a. Alpha-Strahlung aussenden […,] kann [diese] die Zellen der Lunge schädigen. Diese Schäden können die Entstehung von Krebserkrankungen begünstigen.“

Aus medizinischen Studien ist bekannt, dass Radon und seine Zerfallsprodukte bevorzugt Lungenkrebs („Kleinzelliges Bronchialkarzinom“) erzeugt. Seit 2015 ist durch einer schweizerische Studie bekannt, dass Radon auch das auftreten von Hautkrebs („Malignes Melanom“) begünstigt.

Aufgrund der abzusehenden Erhöhung der Erschütterungsereignisse und -intensitäten, sowohl im Bahnbetrieb wie auch in der Bauphase, wäre es aus gutachterlicher Sicht wegen der hohen gesundheitlichen Relevanz dringend angezeigt, dieses Problemfeld in den Erschütterungstechnischen Untersuchungen und der Umweltverträglichkeitsprüfung in beidenzu beleuchten und zu bewerten.